Geboren am 19. Dezember 1886 in Bergesgrün (Böhmen), gestorben 8. Mai 1970 in Berlin.

Werk

August Dressler zählt zu den Malern der ‘Neuen Sachlichkeit’. Er ist einer der weniger bekannteren Künstler der Weimarer Ära, doch auch er fühlte sich, so wie seine berühmten Zeitgenossen Georg Grosz, John Heartfield und Otto Dix, sozialen und politischen Themen verpflichtet.

Der Wahlberliner entzieht sich hartnäckig der summarischen Zuordnung. Dressler wirkt nach Herkunft, Temperament und Einsicht als eine Individualität, der Bindung als Zwang, Programm als Schablone, Schlagwort als Greuel erscheinen muss. Nur weniger Maler seiner Generation verhalten so unauffällig außerhalb der revolutionären Sturm- und Drang-Emphase, die im Expressionismus ‘‘der Brücke‘‘ und im mystischen Klang des ‘‘Blauen Reiters‘‘ ihren wirksamsten Niederschlag fand. Dresslers selbstgewählte Isolation gründet weder auf Willkür noch auf Absicht – sie gehört zu den inneren Notwendigkeiten seiner künstlerischen Existenz.
Man wird Dressler und seinen Arbeiten nicht gerecht, wenn man allein die sichtbaren Tatbestände, dir artistischen oder die technischen Qualitäten zu interpretieren sucht. Dieser Maler lebt mit eigensinnig bestimmter Konsequenz sein Schicksal: die Bilder sind nichts anderes als die anschaulichen Metaphern des ‘‘nach innen gekehrten Blicks‘‘. Trauer und Einsamkeit liegen über der Jugend. Dressler erfährt früh die Schattenseite des menschlichen Daseins – sie wird zur Basis seiner Bildwelt. ‘‘Ich kann mich nicht trennen von dem, was mich geschaffen hat‘‘ – zwischen dem Maler und seinem ‘‘Personal‘‘ begab sich eine höchst unmittelbare und verbindliche Solidarität (l’art pour l’art-Attitude). So identifiziert sich Dressler mit jenen Verkörperungen kleinbürgerlicher Enge, mit jenen Enttäuschten und Verlassenen, mit jenen Teilnahmern einfacher Freunden und leiser Hoffnungen.

In seiner Werk gewinnt das Figurale durch die Fähigkeit, phrasenlos Gefühl zu objektivieren. Dressler malt weder, um modern zu sein, noch um originell zu wirken. Seine Anschauung ist in einem soliden Sinne essentiell; sie konzentriert sich auf Dinge, Elemente und Ereignisse, die ein Stück Leben wiederspiegeln.
Der Nähe zum Objekt, der Bindung an die Figur entspricht bei Dressler die Kontinuität des malerischen Vollzugs. Man ist versucht, vor dem Malwerk aus fünf Jahrzenten weniger von Entwicklung als vielmehr von Entfaltung zu sprechen. Das thematische Inventar steht von Anfang an als Credo und Grundmotiv da: die Form tritt als Antwort des Malers hinzu. Es ist Dresslers persönlicher Vorzug, die Wirklichkeit nicht korrigieren, aber auch nicht imitieren zu wollen – seine Realistik bringt Form und Inhalt, Empfindung und Einsicht auf eine ungezwungene Weise zu Deckung.

Dressler empfindet, denkt und argumentiert eindeutig allgemeiner; sein Schaffen ist nicht Illustration sozialen Elends oder individueller Verkommenheit. Dieser ,,Realist der schärferen Tonart‘‘ greift malerisch über die Begrenzungen von Genre und Folklore hinaus; sein ,,kleinbürgerlicher Alltag‘‘ erschöpft sich weder im Arme-Leute-Pathos noch in der Oh-Mensch-Ekstase. Der nüchterne Wirklichkeitssinn und das solide Wissen befördern eine Meinung, die den künstlerischen Rapport auf ihre Weise bestätigt. ,,Wer die Klaviatur der Natur beherrscht‘‘, so proklamiert Dressler, ,,kann eigene Weisen spielen‘‘.

Quelle: Delp’sche Verlagsbuchhandlung München (Hg), August Willhelm Dressler, München 1970.

Ausstellungen

1925 Neue Sachlichkeit, deutsche Malerei seit dem Expressionismus, 14. Juni – 13. September 1925, der Kunsthalle Mannheim
1928 Sächsische Kunst unserer Zeit, Dresden
1929 Neue Sachlichkeit, Stedelijk Museum Amsterdam
1955 Große Retrospektive und Kunstpreis der Stadt Berlin
1963 Sonderausstellung in der „Sudetendeutschen Galerie“, Museum Regensburg
1967 Einzelausstellung in der Galerie Nierendorf, Berlin
1988 Gruppenausstellung zum zehnjährigen Bestehen der Galerie Mitte, Berlin
1994 Wanderausstellung (Käthe Kollwitz Museum, Köln / Städtisches Museum (Galerie im Centrum), Wesel / Akademie der Künste, Berlin / Angermuseum, Erfurt)
2006 Einzelausstellung in der Galerie Lehner, Wien
2007 Einzelausstellung in der Galerie Nierendorf, Berlin
2011/12 Neue Sachlichkeit in Dresden. Malerei der Zwanziger Jahre von Dix bis Querner, 1. Oktober 2011 – 8. Januar 2012, Kunsthalle im Lipsius-Bau, Dresden
2018 August Wilhelm Dressler – Die Poesie des Alltags, Holzwickede
2020 Neue Sachlichkeit, Galerie Lehner, Wien

Leben

1900 – 1904 Ausbildung zum Lithografen in Chemnitz
1906 – 1913 Studium an den Akademien in Dresden (wie Otto Dix, als Schüler von Richard Müller) und Leipzig.
1913 zieht Dressler als freischaffender Künstler nach Berlin und schließt sich der Novembergruppe an.
1924 wird der Künstler Mitglied der Berliner Sezession.
1925 beteiligt er sich an der ersten Ausstellung ‘Neue Sachlichkeit’ in der Mannheimer Kunsthalle.
Zwischen 1925 und 1936 finden Ausstellungsbeteiligungen bei der ‘Novembergruppe’, ‘Deutscher Künstlerbund’ und der ‘Preußischen Akademie der Künste statt.
1927 bekommt August Dressler den Rom-Preis der ‘Preußischen Akademie der Künste’.
1928 erhält der Maler den Dürerpreis der Stadt Nürnberg.
1929 nimmt Dressler an der Ausstellung ‘‘Neue Sachlichkeit‘‘ im Stedelijk Museum in Amsterdam teil.
Zwischen 1930 und 1931 erhält er ein Stipendium in der Villa Massimo, Rom.
Ab 1934 unterrichtet Dressler an der Staatsschule Berlin aus der er 1938 wegen ‘Entartung’ wieder ausgeschlossen wird.
1955 gibt es eine große Retrospektive und der Kunstpreis der Stadt Berlin wird ihm verliehen.
1956 – 1957 Lehrauftrag an der ‘Meisterschule für Kunsthandwerk’ in Berlin
1967 kommt es zur Sonderausstellung in der ‘Sudetendeutschen Galerie’, Museum Regensburg

Publikationen

Dalbajewa, Birgit: August Wilhelm Dressler. Neue Sachlichkeit in Dresden. Sandstein Verlag, Dresden 2011.

Schmidt, Gudrun: Ateliergemeinschaft Klosterstraße – Vom stillen Kampf der Künstler, Galerie Mitte, Berlin 1988.

Akademie der Künste: Ateliergemeinschaft Klosterstraße – Berlin 1933–1945. Künstler in der Zeit des Nationalsozialismus, (Edition Hentrich), Berlin 1994.